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Jess Jochimsen

Bad Segeberg. Einen „gemütlichen und besinnnlichen Vorweihnachtsabend“ versprach der Kabarettist, Musiker und Sänger sowie Fotograf Jess Jochimsen den etwa 150 Zuschauern in der Aula der Dahlmannschule. Deshalb verteilte der in Freiburg lebende Künstler, der in der Reihe Kultur K1,5 in der Kalkbergstadt zu Gast war, zu Beginn seines Programms „Vier Kerzen für ein Hallelujah“ Dominosteine und Spekulatius sowie packte Schokoladen Weihnachtsmänner aus.

Doch dass es mit der Besinnlichkeit so seine Grenzen hat, wurde schnell deutlich. Jochimsen empfahl die Spekulatius nicht zu essen, sondern zu zerbröseln, denn alleine der Duft sorge für Stimmung. Als er dann zum entsetzten Staunen des Publikums mit einem herzhaften „Knack“ den Kopf eines Schokoladenweihnachtsmannes zerdrückte, stellte er fest: „Dann ist man nicht mehr so hungrig!“

Jochimsen entdeckte auf leichte und unterhaltsame Art das Abgründe und Skurrile im scheinbar Schönen und Alltäglichen. Von seinem Auftrittsort - einem Gymnasium ausgehend sagte er über Völkerball: „Jeder ist ein Land und dann wird abgeschossen - das ist spielerisches Erlernen von Weltkrieg.“

Ähnlich hinterfragte er auch die Nikolaus-Geschichte: Warum hat Nikolaus, der doch ein wohlhabender Soldat war, seinen Mantel beim „Teilen“ mit dem Schwert kaputt gemacht, das sei doch „Verarschung“ dem Armen gegenüber, der mit einem halben Mantel nichts anfangen könne. Eher hätte Nikolaus ihm Geld oder noch besser das Schwert geben sollen, mit letzterem hätte der Bettler eine Zukunft und könnte Banken überfallen.

Dieser bitterböse Humor kam beim Publikum an und wurde mit lautem Lachen entgegen genommen. Doch Jochimsen - „Fühle mich dermaßen November!“ - meinte dann mit Griff zur Gitarre: „Die Stimmung ist zu gut - ich singe ein trauriges Lied. Dieses tat der Stimmung aber keinen Abbruch, sondern sorgte für eine Steigerung, der Jochimsen eine Bilanz der Jahresereignisse folgen ließen mit Bemerkungen unter anderem zum Pferdefleischskandal - „Iss Deine Lasagne, Du hast Dir doch ein Pony gewünscht!“ - und zum Skandal um den Bischof Tebarz van Elst: „Leben wie Gott in Limburg.“

Höhepunkt war seine Schilderung eines völlig aus den Fugen geratenen Krippenspiels, an der er als Kind mitgemacht hatte. Von bedrückender Faszination seine Diashows mit Eindrücken und Schnappschüssen von Reisen und Tourneen. Für die zahlreichen Schüler unter den Zuschauern erklärte er die mittlerweile ungewöhnliche Art der Bilderpräsentation mit den Worten: „Dias - eine Art analoges PowerPoint.“

Wir danken Herrn Strehmel von der Segeberger Zeitung für die Überlassung der Rohfassung seiner Kritik.